Nutztier-Arche



Aussterbende Haus- und Nutztiere?

Dass die Berggorillas oder der sibirische Tiger vom Aussterben bedroht sind, weiß sicher jeder von uns. Aber Haus- und Nutztiere? Brauchen wir wirklich Initiativen um alte und gefährdete Nutztierrassen zu retten?

Ja, leider sind sie dringend notwendig!

Denn wer kennt sie noch, das Bunte Bentheimer Schwein, das Ramelsloher Huhn oder das Rauhwollige Pommersche Landschaf? In den verschiedenen Regionen Deutschlands wurden, wie auch anderswo auf unserem Erdball, über Jahrhunderte eine Vielzahl unterschiedlicher Nutztierrassen gezüchtet. Diese passten sich hervorragend an ihre Umgebung an, kamen etwa mit besonderen Klimabedingungen oder Besonderheiten "der Scholle" gut zurecht. Mit der zunehmenden Modernisierung der Landwirtschaft nach dem 2. Weltkrieg ging das Interesse an diesen alten Landrassen verloren und sie wurden durch gewinnversprechender Hybriden und Hochleistungsrassen verdrängt.

Heute wissen wir, dass damit ein wichtiges genetisches Potential mit Eigenschaften wie Robustheit, Langlebigkeit, Genügsamkeit, Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten usw. unwiederbringlich verloren ging bzw. immer noch verloren geht. Zudem sind die alten Rassen, welche über Jahrhunderte unsere Vorfahren begleiteten, ein zu schützendes Kulturerbe, vergleichbar mit einem alten Baudenkmal oder Kunstwerken. Als das Problem des Rassesterbens erkannt wurde, war es vielerorts schon zu spät. So ist z.B. das Deutsche Weideschwein seit einigen Jahren ausgestorben.

Die Initiative VIEH versucht mit zahlreichen Projekten, dieser Tendenz etwas entgegen zu setzen. Seine Aufgabe sieht VIEH u. a. darin, Zuchttiere über einen Tiermarkt und Kontakte zu den entsprechenden Organisationen zu vermitteln. VIEH möchte Züchter untereinander bekannt machen, vernetzen wie es heute heißt. Außerdem sollen Züchter und Halter die tierischen Produkte ihrer alten Nutztierrassen anbieten können.

Über die Initiative Nutztier-Arche sollen Züchter ihre Tierhaltung nach außen dokumentieren können und Interessierte Menschen sollen angeregt werden diese alten Rassen mit Genuss zu erhalten! Dass es möglich ist, mit wenigen Großes zu bewegen, zeigt das Beispiel der Rettung des Rauhwolligen Pommerschen Landschafes. 1982 entschieden sich in Mecklenburg-Vorpommern 11 Züchter, die Rauhwoller, deren Bestand auf bedrohliche 71 Tiere (!!!) abgesunken war, durch planmäßige Zucht zu erhalten. Heute liegen die Zahlen wieder im 4stelligen Bereich.


Von der Intensivierung zur Extensivierung

Mit der Intensivierung der Tierhaltung in der Landwirtschaft seit den 50er Jahren wurden Tierrassen gezüchtet, die an die industriellen Stallhaltungssysteme angepasst waren und innerhalb kürzester Zeitspannen Höchstleistungen erbringen konnten. Die zunehmende Neuorientierung von Landwirten und Konsumenten zu einer extensiven Form der Tierhaltung lässt das Interesse an den traditionellen Nutztierrassen neu entstehen. Diese besitzen Eigenschaften wie Robustheit, Frohwüchsigkeit und Friedfertigkeit, durch die sie für eine artgerechte Freilandhaltung oft besser geeignet sind als moderne Hybridrassen.


Vom Geschmacksverstärker zum Geschmack

Die Rückkehr zu traditionellen Nutztierrassen bedeutet auch aus kulinarischer Sicht einen Gewinn: Statt des in wenigen Wochen produzierten geschmacksarmen Fleisches aus der konventionellen Tierproduktion wächst das Fleisch der alten Nutztierrassen langsamer und ist damit mit der geeigneten Fütterung und Haltung auch intensiver im Geschmack. So trägt der Genuss vom Fleisch alter Haustierrassen dazu bei, sie auch in Zukunft zu erhalten.


Von der Einfalt zur Vielfalt

Alte Haustierrassen sind in ihrer Herkunft stark regional geprägt: Die Diepholzer Gans, das Bunte Bentheimer Schwein oder das Ramelsloher Huhn sind Teil der kulturellen Tradition der Regionen, in denen und für die sie gezüchtet wurden. Mit dem Erhalt der genetischen Vielfalt alter Haustierrassen wird somit auch unser gemeinsames kulturelles Erbe bewahrt.